Ganz schön viel Geld für's Händchenhalten

Oder warum eine Doula ihr Geld wert ist

Im Laufe der Schwangerschaft kommt irgendwann der Zeitpunkt, an dem sich eine jede Frau fragt, was sie für die Geburt ihres Kindes möchte.

 

Was wünscht sie sich?

Wo möchte sie ihr Kind bekommen?

Welche Optionen möchte sie sich offenhalten?

Wen möchte sie dabei haben?

 

Auf die letzte Frage lautet die Antwort meist „der Partner!“, manchmal auch darf die Mutter oder eine gute Freundin dabei sein. Immer öfter hört man nun von Frauen, die auch von einer Doula begleitet werden.

 

Eine Doula ist eine geburtserfahrene Frau, die der Schwangeren, bzw. den werdenden Eltern, bereits in der Schwangerschaft, ab der ersten Wehen auf der Geburtsreise und im Wochenbett zur Seite steht. Sie ist eine emotionale Stütze, steht der Schwangeren mit Rat und Tat zur Seite, stärkt den Vater und hilft den richtigen Weg zu finden und diesen auch zu gehen. Sie übernimmt dabei keine medizinische Verantwortung und kann sich deshalb voll und ganz auf das seelische Wohl der Gebärenden konzentrieren. Die meisten Schwangeren treffen sich mehrmals während der Schwangerschaft mit ihrer Doula. Sie lernen sich kennen und vertrauen. Die Doula widmet sich ganz ihrer Schwangeren, nimmt ihr Ängste, stärkt sie in ihrer Gebärkompetenz und unterstützt sie dabei, den für sie richtigen Weg zu finden. Während der Geburt weicht die Doula nicht von der Seite der Frau/des Paares. Sie unterliegt keinem Schichtwechsel und bietet kontinuierliche Begleitung. Sie steht der Frau in der Wehenarbeit bei, entlastet den Vater und schafft eine vertrauensvolle Atmosphäre im Kreißsaal, im Geburtshaus oder zuhause. Sie erklärt Vorgänge, Möglichkeiten der Schmerzlinderung, massiert, hält die Hand und begleitet mit ganzem Herzen die Gebärende. Es gibt inzwischen sogar Studien, die belegen, dass die Begleitung durch eine Doula einen sehr positiven Effekt auf den Geburtsverlauf haben kann: kürzere Wehendauer, weniger Schmerzmittelgaben, weniger Kaiserschnitte, weniger Wochenbettdepressionen und Stillprobleme, mehr glückliche Mütter. Auch im Wochenbett steht die Doula der frischgebackenen Mama zur Verfügung und hilft ihr, sich in ihrer neuen Rolle zurechtzufinden.

 

Jede Doula bestimmt ihren Preis individuell nach ihrem Ermessen,nach ihrer Leistung und ihrem Angebot.

 

„Ja, aber warum sollte ich für´s Händchenhalten Geld bezahlen?! Das kann doch auch mein Partner!“ Ja, manche Partner können das in der Tat. Was aber, wenn es keinen Partner gibt, oder dieser sich eben diese Rolle nicht zutraut? Oder die Frau einfach noch eine weitere Begleitung wünscht, die auch ihren Partner entlasten könnte? Im Klinikalltag geht der emotionale Part aufgrund von Personalmangel und Arbeitsstress schnell unter. Dabei ist gerade die psychische Verfassung der Gebärenden sehr wichtig und einflussreich für den Geburtsverlauf.

 

Und nun kommt die Doula daher, und verspricht all diese tollen Dinge und möchte „so viel!“ Geld dafür. Dafür, dass sie ein paar Mal mit der Schwangeren Tee trinkt und bei der Geburt „Ei ei“ macht.

 

Ernsthaft?! Ja. Ernsthaft.

 

Und wie rechtfertigt die Doula diesen Betrag? Bei dem Betrag sind nicht nur die stundenlangen Treffen, Massagen, Fahrtkosten, Materialkosten, ein (super mieser) Stundenlohn und ein paar Snacks enthalten. Vor allem steckt darin Zeit. So viel Zeit. Die Vortreffen, die Messages über WhatsApp, die Telefonate, die Gedanken, die eine jede Doula sich um ihre Schwangere macht, die emotionale Verbindung, das Vertrauen und die sagenumwobene Rufbereitschaft. Rufbereitschaft? Ja genau, denn 10 Tage vor dem errechneten Termin, bis zur Geburt blockt die Doula alles, für ihre Schwangere. Keine Kurztrips, kein Gläschen Sekt, kein Kino, kein Tagesausflug mit den eigenen Kindern, kein Besuch in der Autowerkstatt. Die Kliniktasche ist gepackt, der Tank des Autos voll, die Babysitter organisiert, das Umfeld instruiert. Sie sitzt auf heißen Kohlen und warten auf den Anruf. Das Handy ist der stetige Begleiter, es liegt auf dem Nachttisch, auf dem Esstisch, neben dem Schneidebrett in der Küche. Immer griffbereit.

 

Die Doula gibt unfassbar viel für ihre Gebärende, sie investiert sehr viel von sich selbst. Nicht nur ihre Zeit, sondern auch ihr Herz und ihre Gedanken. Sie ist ganz bei ihrer Aufgabe. Für die Geburt steht sie der Schwangeren ab der ersten Wehe zur Verfügung und gerne auch zur Seite. Sie nimmt sie ernst, sie nimmt sie wahr und sie nimmt sie an. Die Doula nimmt an, was immer da des Weges kommt und geleitet ihre Schwangere hindurch, bis am Ende der erste Schrei eines kleinen Wunders erklingt. Für eine Doula ist die Gebärende nicht die 3. oder 4. oder 5., die an diesem Tag ein Kind bekommt. Für sie ist sie in diesem Augenblick die Eine. Die Eine, um die sich alles dreht.

 

Und wenn die ersten Tage nach der Geburt vergangen sind, findet die Doula den Weg zurück. Sie wird die Wöchnerin umsorgen, ihr beistehen und sie in ihrer neuen Rolle unterstützen. Sie bringt vielleicht eine Stärkung mit, Bilder der Geburt und einen Geburtsbericht, den sie für das Baby geschrieben hat. Vielleicht gibt es viele Treffen nach der Geburt, vielleicht wenige. Und wenn der letzte Abschied kam, dann werden die Gedanken der Doula immer wieder zu ihrer Schwangeren zurückkehren. Sie wird sich erinnern. Sie wird sich fragen, wie es ihnen inzwischen geht. Sie wird sie nicht vergessen, denn ein unsichtbares Band wird bleiben.

 

Und für all das, fragt die Doula nach einem kleinen Obolus, der niemals ausreichend sein kann, für das, was sie von sich gibt. (Die meisten Doulas bieten übrigens Ratenzahlungen an, oder teilen den Betrag von vornherein auf zwei Teile auf.)